Warum es zu Seeunfällen kommt und was von Zeit zu Zeit auch erfahrene Segler unterschätzen?

Warum es zu Seeunfällen kommt und was von Zeit zu Zeit auch erfahrene Segler unterschätzen?

Was gehört zu den häufigsten Ursachen der Seeunfälle und wie sie leicht zu vermeiden sind? Es wird gezeigt, welche Rolle der menschliche Faktor spielt und worin ab und zu auch erfahrenere Segler Fehler machen.

Was gehört zu den häufigsten Ursachen der Seeunfälle und wie sie leicht zu vermeiden sind? Es wird gezeigt, welche Rolle der menschliche Faktor spielt und worin ab und zu auch erfahrenere Segler Fehler machen.

Warum die Seeunfälle passieren?

Was ist eigentlich die häufigste Ursache von Seeunfällen? Es sind nicht technisches Versagen oder plötzliche Wetterumschläge, die eine ganze Reihe von Seglern befürchtet. In der Wirklichkeit, mehreren Fachstudien nach stellt die tatsächliche Ursache bis zu 78 % aller Unfälle der menschliche Faktor dar.


Segelboot in der Neigung beim SegelnSegelboot in der Neigung beim Segeln 


Technische Mängel verursachen diesen Schätzungen nach nur ca. 20 %der Unfälle (inbegriffen sind vorhersehbare und versteckte Mängel) und nur geringe 2 % der Unfälle haben seine Ursache in unerwarteten Außeneinflüssen wie Tornado, Erdbeben, Kollision mit einem Container, einem Baum o. ä.

Wie genau wirkt sich bei den Unfällen der menschliche Faktor aus?

Hinter einem großen Teil der Seeunfälle steckt ein Versagen des menschlichen Faktors. Und gerade deshalb kann man viele davon einfach vorbeugen. Wir haben für Sie eine Liste von sieben solchen Ursachen zusammengestellt. Ihre Konsequenzen werden manchmal auch von erfahreneren Seglern unterschätzt. Können Sie darunter auch Ihre eigenen Erfahrungen finden?

 

1. Zu hohes Vertrauen in GPS-Geräte und Kartenplotter

Viele Segler verlassen sich immer mehr nur auf moderne Ausrüstung. Blindes Vertrauen in Navigation endet aber oft mit Auflaufen auf ein Riff.

 

Kleine Felsen oder Klippen sind auf dem Plotter erst nach detaillierter Annäherung zu sehen, während auf einer Papierkarte sehen Sie sie sofort. Wenn also der Kapitän nicht genügend zoomt, kann er sich dem Felsen gar nicht bewusst sein. Und gerade dies kann auch erfahreneren Seglern passieren.

 

  • Lösung:

Widmen Sie sich sorgfältig der Navigation und verlassen Sie sich nicht weder auf GPS und elektronische Karten, noch auf den Autopiloten (GPS-Signal kann verloren gehen, falsche Lage kann vermittelt werden, kleinere Klippen sind nicht auf den ersten Blick sichtbar...) und arbeiten Sie lieber mit einer Papierkarte.


Widmen Sie sich sorgfältig der Navigation und verlassen Sie sich nicht auf GPSWidmen Sie sich sorgfältig der Navigation und verlassen Sie sich nicht auf GPS 

2. Alkohol

Alkohol beeinflusst negativ die Aufmerksamkeit und das Urteilsvermögen. Zum Glück führt es in der Regel nur zu kleineren Schäden, die erst im Hafen auftreten. Am häufigsten werden die Boote beim Einlaufen verkratzt. Der Alkoholkonsum kann aber auch zu schwerwiegenden oder auch fatalen Unfällen führen, wie bei einer Mann-über-Bord-Situation. (Es sei an die Tatsache hingewiesen, dass 58 % aller gemeldeten MOB-Situationen mit dem Tod des Betroffenen enden.)

 

  • Lösung: 

Sowohl der Kapitän als auch die Besatzung sollten einsatzbereit verbleiben. Dies ist ideal, falls ein Notfall eintreten sollte.


Alkohol an Bord kann auch zu tödlichen Unfällen führenAlkohol an Bord kann auch zu tödlichen Unfällen führen 

3. Irrtum der Unersetzbarkeit 

Das Gefühl unersetzbar zu sein trifft besonders auf erfahrene Skipper zu. Bei schwierigen meteorologischen Zuständen oder bei längeren Fahrten mit weniger erfahrener Bemannung versucht der Kapitän um jeden Preis die ganze Zeit wach zu bleiben, am besten am Ruder zu sein und alles zu organisieren. Chronische Erschöpfung tritt ein und Entscheidungsvermögen des Kapitäns sinkt. Und dies kann später zu einem Unfall führen.

 

Der Kapitän muss derjenige sein, der in der besten Kondition ist. Er soll das Vertrauen seiner Besatzung schenken und dabei kann er keine Rücksicht auf ihre geringe Erfahrung oder Seekrankheit nehmen.

 

Wenn die Bootsbemannung handlungsfähig ist, sollte sie sich an der Bootsführung stark beteiligen. Der Kapitän muss sich im besten Zustand halten – für den Fall, dass es zu einer Situation kommt, die schon wirklich niemand anderer lösen kann.

 

  • Lösung:

Lassen Sie Ihre Besatzung sich schnell einarbeiten, spielen Sie sich ein und ziehen Sie ihre Leute in die Steuerung hinein, korrigieren Sie sie und teilen Sie die Arbeit ein.


Kapitän auf dem Weg zum RuderKapitän auf dem Weg zum Ruder 

4. Unterschätzen der Gefahr  

Aktuelle Situation wird vom Kapitän nicht richtig ausgewertet, er ist nicht vorsichtig oder holt sich keine Auskünfte z.B. über Besonderheiten des Ankerplatzes.

 

Zu einem Unfall kann dann beim fehlerhaften Ankern kommen, das der Kapitän als sicher auswertet. Der Anker hält aber in der Wirklichkeit nicht, verschiebt sich im Wind und weil keiner die Wache hält, läuft das Boot auf eine Seichte oder eine Klippe auf.

 

Zu typischen Problemen gehört auch ungenügende Kenntnis von Liegeplätzen, z. B. in Stadthäfen, wo auch eine Fähre pendelt und sich umdreht. Beim Drehmanöver können im Hafen so große Wellen entstehen, dass das Boot mit seinem Heck gegen die Molle anprallt. Es kommt zu einer ernsthaften Heckbeschädigung. Dies ist ziemlich typisch z. B. für den Stadthafen in Vis, wo es zu solchen Vorfällen regelmäßig kommt.

 

Beim Liegen in Stadthäfen kann manchmal eine Beschädigung der unteren Seite des Ruderblatts entstehen. Schuldig daran ist ungenügende Tiefe am Ufer, weil während der Nacht und der Ebbe der Wasserspiegel sinkt. Besonders starke Senkungen entstehen während einer Bora. Dann kann die Tiefe ungenügend auch in Häfen sein, wo sie früher immer gefahrlos war.

 

  • Lösung:

Holen Sie sich qualitativ hochwertige Informationen und werten Sie diese aus. Widmen Sie sich voll der Fahrt, nehmen Sie die Umgebung wahr, versuchen Sie mögliche Probleme vorauszusehen und haben Sie immer einen Plan B parat.


Der Hafen in Vis, wo die vorbeifahrenden Fähren starke Wellen verursachenDer Hafen in Vis, wo die vorbeifahrenden Fähren starke Wellen verursachen 

5. Unterschätzung des Wetters

Eine ganze Reihe von kritischen Situationen, zu denen es nicht kommen musste, verursacht ungenügende oder sogar fehlende Analyse der Wetterbedingungen. Eine Fahrtplanung endet nicht mit dem ersten Lichten des Ankers. Man muss die Vorhersage für mehrere Tage voraus folgen, mögliche Komplikationen voraussehen und immer einen Plan bereit haben. Falls Sie eine Route eingeplant haben, die Wettervorhersage ist ihr aber nicht geneigt, dann ändern Sie einfach Ihre Route.

 

  • Lösung:

Folgen Sie sorgsam die Wettervorhersage für mehrere Tage voraus, werten Sie das Wetter durchlaufend aus und schätzen Sie mögliche Entwicklung ein. Erlernen Sie fortgeschrittene Wetteranalyse.


Folgen Sie sorgfältig die Wettervorhersage für mehrere Tage im VorausFolgen Sie sorgfältig die Wettervorhersage für mehrere Tage im Voraus 

6. Überschätzung eigener Fähigkeiten 

Eigene Fähigkeiten werden vor allem von Segler-Anfängern überschätzt. Mit noch frischem Stempel auf ihrer Skipper-Lizenz unternehmen sie furchtlos eine Nachtfahrt, sie stürzen sich ins stürmische Meer oder segeln mit gesetzten Segeln einem starken Wind entgegen. Wenn es gut geht, sie kommen nur mit wichtigen Erfahrungen davon, wenn nicht, kommt es zu Bootsbeschädigungen.

 

Ein wenig erfahrener Skipper verlässt sich zu viel auf gelernte Kenntnisse zum Nachteil der Praxis oder interpretiert die Regeln falsch und überschätzt sein Urteilsvermögen. Dann wertet er eine einfache Situation nicht richtig aus, es fehlt an effektive Lösungen und Improvisation.

 

Zum Beispiel verlässt sich ein solcher Anfänger mit gesetzten Segeln auf vorgeschriebene Vorfahrt und wartet bis zu dem letzten Moment, dass das andere Boot ausweicht, statt für die Situation geeignetere Entscheidung zu treffen und einen Zusammenstoß zu verhindern, was (nicht nur) für den Seeverkehr eine grundlegende Regel ist.

 

  • Lösung:

Üben Sie, sammeln Sie Erfahrungen, bilden Sie sich aus, probieren Sie verschiedene Lösungen für verschiedene (Krisen-)Situationen zu erfinden. Schöpfen Sie aus den Erfahrungen anderer Segler.


Tipp: Lesen Sie eine Geschichte vom abgestürzten Mast und wie kann man solch ein Problem noch vor dem Lossegeln erkennen.


Eigene Fähigkeiten überschätzen besonders die AnfängerEigene Fähigkeiten überschätzen besonders die Anfänger 

7. Chaos an Bord

Zu vielen Unfällen führt auch die Unordnung an Bord. Falls es zu einer Krisensituation kommt, kann ein Durcheinander die ganze Sache noch schlimmer machen. Es sind viele Beispiele bekannt, wo sich in eigene Schiffsschraube ein Seil vom Bord verwickelte. Es geht meistens schnell. Vorbereitetes Seil fällt beim Manövrieren ins Wasser. Oder die Luken bleiben offen oder ein Schäkel löst sich von der Kette.

 

  • Lösung:

An Bord halten Sie Ordnung. Sollte ein richtiges Problem auftreten, können Sie sich hundertprozentig nur darauf konzentrieren. Immer sollten Sie auch vollkommene Übersicht darüber haben, wo sich alle Werkzeuge und Rettungsausstattung befinden.


Zu vielen Unfällen kann Unordnung an Bord führenZu vielen Unfällen kann Unordnung an Bord führen 

Was noch kann uns helfen die Seeunfälle vorzubeugen? 

  • Die Übernahme eines Boots führen Sie immer präzis durch. Überprüfen Sie auch, in welchem Zustand die Segel und ihre Befestigungen sind. Im Zweifelsfall bestehen Sie auf Umtausch oder Reparatur.
  • Immer widmen Sie sich voll der Fahrt, beobachten Sie ihre Umgebung, sehen Sie mögliche Komplikationen voraus und bereiten Sie sich immer eine Ausweichlösung.
  • Immer wenn Sie wissen, dass etwas am Boot zu tun ist, machen Sie es, sei es vor oder während der Fahrt. Fällt Ihnen ein Problem ein, das Sie vorbeugen können? Machen Sie das. Falls etwas Unerwartetes vorkommt, können Sie sich voll dem neuen Problem widmen statt Ihre Aufmerksamkeit zu zersplittern.
  • Üben Sie, sammeln Sie Erfahrungen, bilden Sie sich aus, versuchen Sie sich verschiedene Lösungsvarianten und Krisensituationen auszudenken.
  • Nur der Kapitän entscheidet und trägt die Verantwortung – in einem Notfall darf er die Fahrt unterbrechen oder auch beenden. 

Die Seeunfälle sind nicht völlig auszuschließen, deshalb ist es vorteilhaft ihre Ursachen zu verstehen. Gerade durch ihre Kenntnis können wir eigene Unfälle effektiv vorbeugen und weitere Krisensituationen am Meer bravurös lösen. Damit Sie mehr Ruhe bewahren können, kann auch eine Kautionsversicherung behilflich sein.

 

In einem der nächsten Artikel widmen wir uns den häufigsten Unfällen und Bootsschäden und auch der Vorgehensweise bei ihrer Lösung.

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